Wir kommen zum letzten großen Punkt. Dieser Bereich ist so wichtig. Ohne diesen ist alles nichts und es ist das, was wir langfristig erreichen wollen. Es geht um die Selbständigkeit deines Kindes. Denn mal ehrlich, noch bist du bereit, dich mit deinem Kind an die Hausaufgaben zu setzen, aber irgendwann willst du auch, dass dein Kind das ganz von allein – ohne motzen und meckern – zufriedenstellend erledigt. Damit wir das auch für dein Kind erreichen, möchte ich in diesem Meilenstein den Bereich der Selbständigkeit deines Kindes mit dir beleuchten. Irgendwie verwirrend und auch ein bisschen blöd, aber die Selbständigkeit deines Kindes ist stark von deinem Verhalten abhängig. Das Gute daran ist: wenn du möchtest, dass dein Kind selbständiger wird, kannst du das durch dein Verhalten aktiv beeinflussen. Dazu müssen wir aber erstmal die Stellschrauben entlarven, bei denen du ggf. momentan noch aktiv – aber unbewusst – die Selbständigkeit deines Kindes bremst. Meine Empfehlung: Drucke dir jetzt gleich die aktuellen Seiten vom Workbook aus, lege sie vor dir hin, wenn du gleich weiterliest und schätze ein, wo du dich wiederfindest. Hier findest du die aktuellen Seiten vom Workbook Ich stelle dir nun verschiedene – alltagstypische – Szenarien vor. Dazu biete ich dir zwei potentielle Handlungsmöglichkeiten an. Diese sind absichtlich sehr schwarz und weiß dargestellt. Schätze ein, wo du dich mehr wiederfindest und durch dein bisheriges Verhalten entweder die Selbständigkeit deines Kindes förderst oder eher die Unselbständigkeit bestärkst. Hinweis: Ich möchte dir mit dieser Übung nicht aufzeigen, was du bisher alles falsch gemacht hast. Ich will, dass du Situationen entlarvst, die du dir vorstellen kannst, in Zukunft zu überdenken. Wenn du mal etwas machst, was ich gleich bei „Förderung der Unselbständigkeit“ aufführe, ist das überhaupt kein Problem und auch total normal. Wie sagt man: Die Dosis macht das Gift.

Es soll dir vielmehr Möglichkeiten zeigen, wie ihr euch in Richtung Selbständigkeit deines Kindes auf den Weg machen könnt. Sollte eine solche Situation bei euch so noch nicht eingetroffen sein, schätze ein, wie du wohl reagieren würdest. Wer öffnet die Schultasche?Dein Kind kommt von der Schule nach Hause. Du möchtest sehen, was dein Kind in der Schule gemacht hat. Außerdem sind die Hausaufgaben zu machen. Wer öffnet bei euch die Schultasche? Wer holt die Hefte raus? Förderung der Unselbständigkeit: Du hast ja eh schon die Schultasche deines Kindes nach Hause getragen, also öffnest du sie auch direkt zu Hause und schaust dir erstmal an, was in der Schule heute gemacht wurde. Dein Kind spielt derweil in seinem Zimmer. Du legst schon mal die Hausaufgaben und die Stifte hin und rufst dann dein Kind, das es anfangen soll. Förderung der Selbständigkeit: Natürlich hat dein Kind die Schultasche auf dem Schulweg nach Hause getragen und dein Kind weiß auch, dass es seine Schultasche ist und es deshalb auch dafür verantwortlich ist. Dein Kind holt die Schulsachen raus und zeigt dir, was in der Schule gemacht wurde. Dann legt es seine Hausaufgaben bereit und fängt damit an. Am Ende packt es auch allein die Schultasche für den nächsten Tag. "Häh? Was muss ich hier machen?"Dein Kind sitzt an seinen Aufgaben. Nach ungefähr 6 Sekunden ruft es: „Ich weiß gar nicht, was ich hier machen soll.“ Wie reagierst du? Förderung der Unselbständigkeit: Du eilst herbei und liest dir die Aufgabenstellung durch. Dann erklärst du deinem Kind mit deinen Worten, was bei der Aufgabe zu machen ist und sagst deinem Kind, was es als Nächstes tun soll. Förderung der Selbständigkeit: Du wirfst einen beiläufigen Blick auf die Aufgabe und sagst: „Okay, erklär mir doch mal, was in der Aufgabe steht und was du davon schon verstanden hast.“ Du hältst die Aufgabe ggf. auch zu, denn du möchtest jetzt nicht, dass dir dein Kind die Aufgabenstellung vorliest, sondern mit eigenen Worten erklärt, was es schon verstanden hat. Wenn dein Kind noch gar nichts weiß, bittest du es, erstmal noch 2x den Arbeitsauftrag zu lesen, sich das Beispiel anzusehen und es dir dann versuchen soll, zu erklären. "Ich zeig dir das mal"Dein Kind hat heute in der Schule die Ergänzungsaufgaben kennengelernt und soll nun als Hausaufgabe ein Arbeitsblatt dazu abarbeiten. Dein Kind starrt das Arbeitsblatt an und hat noch nicht verstanden, wie das mit den Ergänzungsaufgaben funktioniert. Förderung der Unselbständigkeit: Du setzt dich neben dein Kind und schaust dir die erste Aufgabe vom Arbeitsblatt an. Du erklärst es deinem Kind so detailliert, dass es in der Lage ist, die Lösung zu benennen. Dann zeigst du deinem Kind, wo es die Lösung hinschreiben soll. Da dein Kind immer noch recht ahnungslos schaut, machst du auch die nächste Aufgabe genauso. Letztendlich hangelst du dich mit deinem Kind von Aufgabe zu Aufgabe und ihr macht das ganze Arbeitsblatt gemeinsam. Förderung der Selbständigkeit: Du gehst zu deinem Kind und sagst: „Oh, ein schwieriges Thema.“ Du holst einen Zettel und lässt dir erklären, wie sie das heute in der Schule gemacht haben. Eine mögliche Aufgabe zu dem, was dein Kind dir erzählt, schreibst du auf den Zettel und versicherst dich bei deinem Kind, ob du das denn so richtig aufgeschrieben hast. „Ach und dann muss ich überlegen, wie viele noch fehlen, bis ich auf das Ergebnis komme?“ Du lässt dir das Ergebnis von deinem Kind sagen und schreibst es hin. Dann überlegt ihr euch noch eine 2. Aufgabe und macht die gemeinsam auf dem Zettel. Danach lässt du dir von deinem Kind zeigen, was denn auf dem Arbeitsblatt zu machen ist und fragst nach, was denn bei der 1. Aufgabe hinkommt. Dann drückst du deine Bewunderung aus, wie gut dein Kind das nach nur einem Tag schon erklären konnte. Der Weg ist das ZielDein Kind sitzt an den Hausaufgaben. Es muss eine Doppelseite zum neuen Buchstaben beenden. Besonders viel hat dein Kind in der Schule noch nicht geschafft. Nun sitzt es zu Hause am Tisch und füllt die Seiten. Am Ende zeigt dir dein Kind das Resultat. Förderung der Unselbständigkeit: Du erinnerst dein Kind bei der Bearbeitung daran, dass ihr in 35 Minuten zu einem Termin los müsst und dass es sich etwas beeilen soll. Am Ende schaust du dir das Heft von deinem Kind an. Dir fällt auf, dass eine Aufgabe falsch ist und dass dein Kind am Ende hin etwas unsauber geschrieben hat. Du bittest dein Kind, den Fehler zu verbessern und beim nächsten Mal bis zum Schluss sauber zu schreiben. Förderung der Selbständigkeit: Bei der Bearbeitung gehst du ab und zu am Tisch deines Kindes vorbei. Dir fällt ein Buchstabe auf, der deinem Kind besonders schön gelungen ist und sagst: „Wow, guck dir den mal an. Ist der nicht wunderschön?“ Etwas später gehst du wieder zu deinem Kind, streichst deinem Kind anerkennend über den Rücken und sagst: „Puh, das ist ziemlich anstrengend, oder? Willst du vielleicht mal deine Hand ausschütteln, damit sie Kraft tanken kann für die letzten Zeilen." Kurz vorm Ende sagst du noch: „Oh ich bin gespannt, ob du jetzt am Ende nochmal so einen schönen Buchstaben hinbekommst, wie der da oben" (zeigst auf einen besonders schönen). Am Ende sagst du zu deinem Kind: „Guck dir an, wie deine Handschrift noch vor ein paar Wochen aussah (blätterst einige Seiten nach vorne) und wie toll du jetzt schon in den Zeilen schreibst und wie sauber deine Buchstaben schon aussehen. Du wirst wirklich immer besser.“ Wer trifft die Wahl?Dein Kind soll in der Schule ein Buch präsentieren. Dazu kann sich dein Kind ein Buch auswählen, welches es in der Schule vorstellt und daraus vorlesen soll. Dein Kind hat ein absolutes Lieblingsbuch. Allerdings liest du das immer vor und der Text ist eher für Erwachsene und es hat keine Bilder. Genau das Buch hat sich dein Kind ausgesucht. Förderung der Unselbständigkeit: Du erklärst deinem Kind, dass dieses Buch nicht geeignet ist, weil es viel zu schwer ist und gar keine Bilder hat zum Zeigen. Du gehst zum Bücherregel deines Kindes und suchst ein Buch aus, bei dem du dir sicher bist, dass es gut geeignet ist. Du überredest dein Kind und bestehst darauf, dass es dieses Buch nimmt, denn du möchtest nicht, dass sich dein Kind „in der Schule blamiert“. Förderung der Selbständigkeit:„Das ist wirklich ein schönes Buch. Kannst du mir erzählen, wer bisher schon ein Buch vorgestellt hat und wie das Kind das gemacht hat?“ Aus dem, was dir dein Kind erzählt, stellst du heraus, dass andere Kinder auch Bilder zeigten. Du fragst dein Kind, welche Bilder es denn aus seinem ausgewählten Buch zeigen möchte. Dann fragst du, welchen Abschnitt denn es gerne vorlesen will. Durch deine Fragen manövrierst du dein Kind dazu, dass es sich lieber ein Buch mit Bildern und leichtem Text auswählt. Vorgeben tust du es aber nicht. Im Zweifelsfall würdest du dein Kind eher genau das auserwählte Buch präsentieren lassen. Wie lang ist dein Geduldsfaden?Dein Kind hat noch Hausaufgaben zu machen. Du rechnest gedanklich durch, dass es langsam anfangen müsste, da es sonst die Aufgaben nicht mehr zu Ende schafft. Das sagst du deinem Kind. Aber es möchte lieber weiterspielen und die Hausaufgaben später machen. Förderung der Unselbständigkeit: Du sagst zu deinem Kind, dass es noch ein bisschen spielen kann, aber dann gleich anfangen soll. Nach 5 Minuten erinnerst du dein Kind erneut. Beim 3x nimmst du dein Kind direkt aus dem Kinderzimmer mit und setzt es an den Tisch (wo du schon die erste Aufgabe bereitgelegt hast). Du erklärst deinem Kind, was es machen soll. Es fängt an und will kurze Zeit später wissen, ob es das bisher richtig gemacht hat. Du machst auf einen Fehler aufmerksam und weist dein Kind darauf hin, sich etwas zu beeilen. Dein Kind möchte etwas essen und muss auf Toilette. Die Zeit wird knapp. Es zeigt wenig Lust. Du versprichst deinem Kind ein Eis zum Nachtisch, wenn es die Aufgaben bis zum Abendbrot fertig schafft. Dein Kind gibt sich nun etwas mehr Mühe. Aber als das Abendessen fertig ist, fehlen noch zwei Zeilen im Deutschheft. Dein Kind fängt an zu weinen. Du tröstest es. Weil es sich zum Ende doch so doll angestrengt hat, bekommt es das Eis zum Nachtisch. Förderung der Selbständigkeit: Du sagst deinem Kind, dass du denkst, dass es ca. 30 Minuten für die Hausaufgaben brauchen wird. Dann fragst du dein Kind, wann es die Hausaufgaben machen möchte. Nach dem Abendessen gestattest du es nicht (da du dann „Feierabend“ hast), aber für dich ist es okay, dass dein Kind erstmal die Legoburg weiterbauen möchte. Ihr vereinbart die Uhrzeit 16:30 Uhr. Du sagst deinem Kind, dass du jetzt deine E-Mails nachschaust und um 16:30 Uhr für eine halbe Stunde deinem Kind bei den Hausaufgaben unterstützen wirst. Kurz vor 16:30 Uhr erinnerst du dein Kind daran, dass jetzt gleich die Hausaufgaben-Zeit beginnt. Um 16:30 Uhr sagst du deinem Kind, dass jetzt die halbe Stunde anfängt und du am Tisch sitzt.

Dein Kind kommt und du fragst es, mit welcher Aufgabe es starten möchte. Du hilfst deinem Kind bei Fragen und weist zwischendrin auf die verbleibende Zeit hin, bevor du mit dem Abendessen anfangen musst.Sollte dein Kind so im Spielen vertieft sein, weist du dein Kind ruhig auf die verbleibende Zeit hin und dass es danach die Aufgaben allein schaffen muss, da du dich dann um das Essen kümmerst. Im Zweifelsfall schickst du dein Kind lieber einmal ohne Hausaufgaben zur Schule, anstatt nach dem Abendessen doch noch dabei zu helfen.Diese Situationen sollen dir Möglichkeiten zeigen, wie du in Zukunft die Selbständigkeit deines Kindes mehr fördern kannst. Beim nächsten Meilenstein schauen wir uns an, was die Ursachen für die bisherige Unselbständigkeit deines Kindes sind und wie du deinem Kind zu mehr Selbständigkeit verhelfen kannst.

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